Sächsische Zeitung,
Dienstag, 22. Juni 2004
Märtyrer im Auto-Scooter„Das war der Text, danke“: Benjamin von Stuckrad-Barre liest, leidet und lästert
Von Stefan Schirmer/em>
Der Abend beginnt mit einer Runde Mitleid für Herrn Stuckrad-Barre. Er flitzt auf die Bühne, setzt sich und klagt. Über die „Versoffenheit und Ungerechtigkeit“ des Literaturbetriebs, als er 1998 sein erstes Buch „Soloalbum“ auf den Markt warf. Dass er öffentliche Auftritte mit Pöbeleien zu garnieren pflegte, sei irgendwie nicht so gut angekommen. „Eine furchtbare Zeit.“ Aus seinem neusten Buch „Remix 2“ lesend, kauert der 29-Jährige an einem Tisch, der mit einer roten Samtdecke verkleidet ist. Katholische Messdiener denken sich ihren Teil: Blutrot, die Farbe der Märtyrer. Auch das noch.
War da was? Ja. Seine Kokainsucht, Depressionen, Suff, Bulimie. Bis zum Erbrechen – so würde es der Autor mit dem Willen zur Witzischkeit ausdrücken – hat er kürzlich in „Spiegel“, Funk und Fernsehen über sein waidwundes Ego gesprochen.
Vielleicht brauchte er es, um einen Schlussstrich zu ziehen. Anders als bei ARD-Beckmann sagte er seinen Fans am Sonntag im ausverkauften Schauspielhaus Dresden aber kein Wort über sein Martyrium. Nicht mal ein haraldschmidthaftes „Liebe Kinder, bitte nicht nachmachen!“ Die ganze mediale Beichterei war wohl eher Brennstoff zum Anheizen der eigenen Vermarktungsmaschinerie.
Stuckrad-Barres Lesungen haben etwas von Auto-Scooter-Fahren. Es gibt hektische Wechsel – zwischen Textvortrag und eingespielten Musikfetzen samt Laptop-Getippe, das Leinwandbilder aktiviert. Und es ist ein Spiel mit hartem Aufprallen. Da kollidiert ein amüsantes Günther-Jauch-Porträt mit dem Protokoll eines Laborbesuchs beim UN-Waffeninspekteur. Als Zuhörer wird man hin und her geschleudert zwischen Rohrkrepierer-Gags („Wo sind hier die Granaten?“) und treffenden Fragen („Was ist eine Massenvernichtungswaffe, und wie viel Menschen sind noch mal eine Masse?“). Pointe, Ende. „Das war der Text, danke!“
Nach der wehleidigen Selbstbespiegelung zu Beginn findet Stuckrad-Barre schnell zum gewohnten Defätismus-Schmelz gegen andere: Jeanshemdträger, Jenny Elvers, Prolls in Straßenbahnen, Paola und Kurt Felix – also gegen so ziemlich alles, was sein heißgelaufener Textgenerator hergibt. Bloß, wer waren noch mal Paola und Kurt Felix?
Das überwiegend studentische Publikum johlt, als Stuckrad-Barre die längst verdrängte MDR-Sendung „Je t’aime – Wer mit wem“, mit versuchter Anwendung des sächsischen Idioms, dem Gespött preisgibt. Streckenweise ganz lustig. Aber mit fadem Nachgeschmack.
„Das war der Text, danke!“
Bitte. Wäre nicht nötig gewesen.
Wie angepisst die Sachsen sind, wenn man was gegen ihre eigenartig Sprache sagt...
Ich werde hier mal einige der schlechtesten und belanglosesten Kritiken einfügen. Eine davon hat man ja oben schon gelesen... to be continued...
Und was sagst du?
R.S.V.P
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Fear <-----------X-----------> Love
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